Die digitale Konferenz verfolgte das Ziel, eine Plattform für den internationalen wissenschaftlichen Austausch zur Interaktion im Fremd- und Zweitsprachenunterricht zu schaffen und so die Diskussion in einem Teilgebiet des DaF/DaZ-Bereichs anzuregen, in dem trotz kontinuierlich steigenden Interesses weiterhin zahlreiche Forschungsdesiderate bestehen.

Das Konferenzkonzept sah die Verbindung einer asynchronen Sichtung zuvor eingereichter Beiträge auf der digitalen Konferenzplattform ILIAS mit einem synchron durchgeführten interaktiven Austausch im virtuellen Raum (zoom) vor. Das hybride Format bot den Teilnehmenden die Möglichkeit, die bereitgestellten Screencast-Videos zeitlich und räumlich flexibel im Vorfeld der Konferenz zu rezipieren und zu kommentieren, um sich anschließend während der beiden Konferenztage aktiv an der synchronen Diskussion zu beteiligen.

Das Konferenzprogramm umfasste fünf thematische Schwerpunkte:

Im Zentrum des Schwerpunkts 1 „Interaktionale Kompetenzen und interaktionsfördernde Lernumgebungen“ standen die Fragen, wie authentische gesprochene Sprache auf der Grundlage von Korpora Einzug in den DaFZ-Klassenraum finden kann (Vortrag von Kristin Bührig (Hamburg) & Juliane Schopf (Münster)), wie sich interaktionale Kompetenzen der Lernenden durch Videoprojekte fördern lassen (Vortrag von Annette Frömel & Ulrich Wannagat (Hongkong)) sowie welcher Umgang mit Sprachenwechseln im frühen Fremdsprachenunterricht interaktionsfördernd wirken kann (Vortrag von Kathrin Wild (Flensburg)). In der vortragsübergreifenden Diskussion wurden die curriculare Integration authentischer Korpora sowohl in Lehrwerke als auch in Lehrpläne sowie die Notwendigkeit der Thematisierung und vor allem Konzeptionierung des Begriffs „Interaktionale Kompetenz(en)“ in der Lehrer*innenausbildung als Desiderate formuliert.

Im Schwerpunkt 2 „Analoge und digitale Unterrichtsinteraktion“ wurde diskutiert, wie sich die digitale Unterrichtssituation auf inhaltsbasierte Interaktionsprozesse unter den Lernenden auswirkt (Vortrag von Michael Schart (Tokyo)), wie sich interaktionale Kompetenzen japanischer DaF-Lernender per Videokonferenz mit deutschsprachigen Studierenden fördern lassen (Vortrag von Makiko Hoshii (Tokyo) & Nicole Schumacher (Leipzig)) sowie welchen Einfluss der digitale Unterrichtsraum auf die Wissenstransformation ausübt (Vortrag von Milica Lazović (Marburg & Hildesheim)). Schließlich wurden forschungsmethodische Aspekte in den Blick genommen, die sich u.a. mit dem Umgang und der Analyse von Daten befassen (Stichwort: Longitudinalstudien); zugleich wurden aber auch konkrete methodische Vorschläge thematisiert, in deren Fokus sowohl das Rollenverständnis als auch die Reflexionsfähigkeit der Zielgruppen standen.

Der Schwerpunkt 3 „Interaktion unter Lernenden“ widmete sich Peer-Interaktionsprozessen. In den drei Vorträgen (Göntje Erichsen (Bielefeld), Farnaz Ghorbani Monhasser (Teheran), Clément Compaoré (München)) wurden zwar verschiedene Aspekte der Interaktion unter Lernenden fokussiert, doch kristallisierten sich dabei zahlreiche verbindende Elemente heraus. Alle Vortragenden bestätigten den Einfluss, den die Lehrkraft auf die Peer-Interaktion ausübt, und zwar durch Arbeitsanweisungen und Aufgabenstellungen sowie durch ihre bloße Präsenz. Hieran anknüpfend ergaben sich zwei weitere Fragen, zu denen Forschungsbedarf gesehen wird: Wie geht man mit der Leistungsmessung um (Stichwort: Gruppenprodukt vs. Individualprodukt)? Wie überwindet man die verschiedenen Hürden für die Peer-Interaktion im digitalen Raum, wie etwa verringerte Sprechgelegenheiten?

Im Schwerpunkt 4 „Interaktionales Lehrhandeln“ stand das Interaktionsverhalten von Lehrnoviz*innen im Vordergrund. Dabei wurden insbesondere Feedbackverhalten und Verständigungsprozesse sowohl im realen, physisch geteilten Raum (Vortrag von Tabea Becker (Hannover) & Juliane Stude (Münster)) als auch im virtuellen Raum (Vorträge von Florian Thaller, Leandra Obornik & Clara Mikhail (Marburg) und von Kathrin Siebold, Quentin Glosemeyer & Hang Xu (Marburg)) fokussiert. Einerseits wurde die Notwendigkeit gesehen, Lehrende für die individuellen Bedürfnisse der Lernenden zu sensibilisieren. Andererseits zeigte sich, dass das Lehrhandeln stark von der persönlichen Lehr- und Lernbiographie abhängig ist. Um mehr Aufschluss über diese individuellen Faktoren zu bekommen, wurde der Mehrwert der Analyse von Video- und Transkriptionsdaten sowohl für die Lehrer*innenausbildung als auch die Forschung betont.

Derselbe Befund spiegelte sich auch in der Grundfrage des Schwerpunkts 5 „Unterrichtliche Interaktion und Professionalisierung“ wider. Diese lautete, wie angehende DaFZ-Lehrkräfte für die Gestaltung von lernförderlicher Unterrichtsinteraktion sensibilisiert werden können. Im ersten Teil des Schwerpunkts stand die Arbeit mit videografierten Unterrichtsinteraktionen bzw. mit Transkripten in Lehrveranstaltungen für Lehramtsstudierende im Fokus der Diskussion. Während in den Vorträgen von Markus Willmann (Ludwigsburg), Inga Harren & Elena Schliecker (Heidelberg) und von Kristina Peuschel & Christine Stahl (Augsburg) der Einsatz von authentischen Interaktionsdaten mit der Zielsetzung verbunden war, den Studierenden zu veranschaulichen, wie lernförderliches Kommunikationsverhalten seitens der Lehrkraft aussehen kann (z.B. lernförderlicher Input oder sinnvoller Einsatz von Reformulierungen), illustrierte der Vortrag von Maxi Kupetz (Halle), wie eine konversationsanalytische Untersuchung von Transkripten die Entwicklung kulturreflexiver Fähigkeiten ermöglicht. In der vortragsübergreifenden Diskussion wurde das große Potenzial der Nutzung empirischen Materials in Professionalisierungsprozessen betont. Außerdem wurde die Problematik andiskutiert, dass bisher keine gemeinsame, die jeweiligen institutionellen und fachlichen Besonderheiten berücksichtigende theoretische Grundlage für die Professionalisierung von DaF- und DaZ-Lehrkräften vorliegt.

Die ersten beiden Vorträge des zweiten Teils von Schwerpunkt 5 gewährten Einblicke in unterrichtspraktische Erfahrungen von Studierenden an den Universitäten Gießen und Kiel. Der Vortrag von Tamara Zeyer und Angelique Hertzel (Gießen) fokussierte dabei die Frage, wie angehende DaFZ-Lehrkräfte im Rahmen des „Gießener Elektronischen Praktikums“ mit mündlichen Fehlern von Lernenden umgehen. Der Vortrag von Kati Lüdecke-Röttger (Kiel) stellte ein Lehrformat für die Qualifizierung von zukünftigen DaF-Lehrkräften vor, das den Studierenden ermöglicht, sich als Unterrichtende in studienvorbereitenden B2-Kursen zu erproben. Es wurde herausgearbeitet, dass das Anleiten und Begleiten von Projektarbeiten eine im höchsten Maße interaktionale Methode darstellt. Der Vortrag von Sabine Hoffmann (Palermo) und Gabriele Kasper (Hawai‘i) lieferte Einblicke in die Besprechung von Unterrichtsmitschnitten durch Teilnehmende einer digitalen Lehrendenbildungskonferenz. Die im Rahmen der ethnomethodologisch und konversationsanalytisch orientierten Betrachtung identifizierten Handlungsmuster bestätigen zum einen die Notwendigkeit einer gezielten Vorbereitung von Lehrkräften auf die Arbeit mit Unterrichtsmitschnitten, zum anderen regen sie auch zur Reflexion von Moderationstechniken an. In der vortragsübergreifenden Diskussion wurde erneut die Frage nach möglichen Standards für die Ausbildung von DaFZ-Lehrkräften diskutiert. Als besondere Herausforderung wurde dabei die Heterogenität der DaFZ-Arbeitsfelder angesprochen.

Zusammenfassend betrachtet war dieser von Vornherein als digitale Konferenz geplante wissenschaftliche Austausch rund um das Thema „Interaktion im DaFZ-Unterricht“ ein Erfolg. So ist es gelungen, Vertreter*innen aus Lehre und Forschung miteinander ins Gespräch zu bringen, um Praxiserfahrungen auszutauschen, aktuelle empirische Studien zu diskutieren sowie Desiderate für künftige Forschungsvorhaben zu formulieren.

Die digitale Konferenz wurde von der DGFF mit einem Zuschuss in Höhe von 1000,- Euro gefördert, für den sich das Organisationsteam recht herzlich bedankt. Die Fördermittel wurden für die anteilige Finanzierung eines Werkvertrags zur digitalen Aufbereitung der Video-Beiträge sowie für den technischen Support bei der Vorbereitung, Umsetzung und Nachbereitung der wissenschaftlichen Diskussion auf der digitalen Konferenzplattform verwendet.

Die digitale Konferenz wurde unterstützt von der Deutschen Gesellschaft für Fremdsprachenforschung (DGFF) sowie den Verlagen Ernst Klett, Narr Francke Attempto und Waxmann.