Im Zentrum der dritten Online-Tagung zur Interaktion in DaFZ am 23. September (Auftakt) sowie am 14. und 15. Oktober 2022 (Haupttagung) stand die “Interaktionskompetenz in DaFZ”. Insgesamt beteiligten sich 75 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus zahlreichen Ländern (u.a. Japan, Südkorea, USA und Neuseeland) am wissenschaftlichen Austausch zu ausgewählten Facetten der Interaktionskompetenz vor dem Hintergrund unterschiedlicher fachdidaktischer Zugänge. Die fremdsprachenübergreifende Perspektivenerweiterung stellte dabei eine wichtige Neuerung dieser dritten Online-Tagung dar.

Die im vorangegangenen Jahr erfolgreich erprobte Ergänzung der Haupttagung durch eine Auftaktveranstaltung im Vorfeld diente erneut als Startschuss für die asynchrone Phase. Um den Teilnehmenden mehr Zeit für die Sichtung der Beiträge und die Diskussion in den Foren der Konferenzplattform zu geben, fand der öffentliche Einführungsvortrag am 23. September, also drei Wochen vor der Haupttagung, statt.

Nach einer kurzen Begrüßung durch das Tagungsteam wurde der international bekannte Interaktionsforscher Olcay Sert als Plenarredner vorgestellt. In seinem Vortrag mit dem Titel “Interactional Competence in additional languages: In search for constructive alignment in teaching and teacher education” diskutierte er unterschiedliche Facetten der L2 Interactional Competence, mit einem besonderen Schwerpunkt auf deren unterrichtlicher Erforschung, Förderung und Evaluation. Abgerundet wurde der Vortrag mit der Skizzierung von Ansätzen der Entwicklung lehrseitiger Interaktionskompetenz im Kontext der Lehrer:innenbildung. Im Anschluss wurde die Tagungsplattform vorgestellt und für die asynchrone Diskussion freigegeben.

Die Haupttagung eröffnete am 14. Oktober 2022 Zeynep Kalkavan-Aydın mit ihrem Plenarvortrag “Aufbau von Interaktionskompetenz in der Zweitsprache Deutsch durch kognitive Aktivierung im Unterricht”. Die Vortragende hob die zentrale Rolle der Lehrpersonen bezüglich verschiedener Möglichkeiten und Dimensionen der kognitiven Aktivierung – von der Anbahnung bis zur Bewertung – hervor. Zudem warb sie für einen interdisziplinären Blick in der Analyse unterrichtlicher Interaktion, um deren vielfältige Dynamiken holistisch zu ergründen.

In der Diskussion von Tanja Fohrs Beitrag „Anforderungen an die Bildkommunikation in Situationen des Fachunterrichts zu Beginn der Sekundarstufe I“ stand die Entwicklung der Interaktionskompetenz von jugendlichen Lernenden mit Hilfe von Bildern im Mittelpunkt. Neben der Funktion von Bildern als Impuls und zur Unterstützung von fremdsprachlicher Interaktion stellte Tanja Fohr sprachliche Anforderungen in der Kunstkommunikation im Kontext von DaZ beispielhaft vor.

Als nächstes standen bei Desirée Präg Erklärprozesse in additiven DaF-Sprachfördermaßnahmen im Mittelpunkt. Die Vortragende nutzte ein methodisches Vorgehen, bei dem sie die Konversationsanalyse mit der Systemisch-Funktionalen Grammatik verband, um die Bedeutung des Kontexts und der zur Verfügung stehenden Ressourcen in Erklärprozessen zu erforschen. Der Rückgriff auf das material situational setting wurde somit als bedeutend für die Modellierung von Interaktionskompetenz herausgearbeitet

Sarah Olthoff stellte in ihrem Beitrag ein gesprächsanalytisches Forschungsprojekt zu virtuellen Tandemgesprächen vor, die im Rahmen einer Kooperation zwischen der Rijksuniversiteit Groningen und der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg entstanden. Olthoff zeigte anhand ihrer Daten auf, dass virtuelle Tandemgespräche strukturell wichtige Unterschiede zu unterrichtlichen Interaktionen aufweisen, wobei sie die geringe Vorkommenshäufigkeit der im Unterricht üblichen Reparaturstrategien als besonders auffällig hervorhob.

Es folgte die Diskussion des Screencasts von Martina Franz dos Santos und Florian Thaller, die das Handeln von Lernenden im DaFZ-Unterricht aus den theoretischen Perspektiven der Lernendenautonomie und der unterrichtlichen Interaktionskompetenz fokussierten. Die Beitragenden arbeiteten relevante Überschneidungen beider Konzepte heraus und formulierten Vorschläge für die Förderung von Interaktionskompetenz, um ein selbstinitiiertes und selbstgesteuertes Mitwirken an unterrichtlichen Diskursen und Aushandlungsprozessen zu erleichtern.

In seinem Vortrag setzte sich Thorsten Huth mit der Sequenzstruktur als Lehr- und Lerngegenstand in der DaFZ-Praxis auseinander und bettete ihn in einschlägige Forschungsansätze und -ergebnisse zur Gesprächsorganisation und Interaktionskompetenz ein. Außerdem stellte er didaktische Implikationen für die Vermittlung von Paarsequenzen im DaFZ-Unterricht vor und ging auf wichtige sprachlich-kulturelle Unterschiede in der Gesprächsorganisation ein.

Es folgte der Beitrag von Cordula Schwarze zu Interaktionskompetenz als Lerngegenstand in Auswertungsgesprächen über eigene Texte in germanistischen Seminaren, der die Diskussion aus der Perspektive der Sprechwissenschaften interdisziplinär bereicherte. Die Vortragende arbeitete interaktionale Herausforderungen in der Anbahnung und Organisation von Partizipationsgelegenheiten in dieser anspruchsvollen Gesprächssituation heraus und stellte Zusammenhänge zwischen der multiperspektivischen Beurteilung und reflexiven Bearbeitung der der Texte und der Interaktionskompetenz von Lehrkräften her.

Den Abschluss des ersten Tages bildete die Diskussion zum Screencast von Milica Lazovic über verschiedene – mentale, kognitive, affektive und körperliche – Dimensionen der Empathie als zentrale Komponente von Interaktionskompetenz. Die Vortragende modellierte Empathie in engem Bezug zur Aktivierung, Begleitung und Förderung von Lernprozessen.

Der zweite Tagungstag stand ganz im Zeichen anderer Fremdsprachendidaktiken und den sich hier bietenden Möglichkeiten zum Brückenschlag in den DaFZ-Bereich. Den Anfang machte Carmen Konzett-Firth mit einem Beitrag zur Entwicklung von L2-Interaktionskompetenz im Französischunterricht. Basierend auf einer umfangreichen Longitudinalstudie zeigte sie unterschiedliche Entwicklungspotenziale von L2-Interaktioskompetenz in Abhängigkeit von Einflussfaktoren wie Medialität, Sequenz- und Aktivitätstypen und insbesondere Interaktionspartner:innen (Lehrkräfte oder Peers) auf.

Marta García García fokussierte die Frage nach der Bewertung von L2-Interaktionskompetenz im Spanischunterricht und unterstrich hierbei die Notwendigkeit, interaktive bzw. kollektive Kompetenzen vom monologischen bzw. individuellen Sprechen zu unterscheiden. Entsprechend seien verschiedene Kompetenzen mit Hilfe unterschiedlicher Prüfungsformate zu evaluieren.

Um die Förderung von Interaktionskompetenz zukünftiger Englischlehrender ging es im Beitrag von Götz Schwab. Er diskutierte die interaktionale Kompetenz in der Englischlehrer:innenausbildung zunächst im Kontext von Curricula, Bildungsplänen sowie weiteren Kompetenzdimensionen. Anschließend stellte er Forschungsergebnisse vor, die im Rahmen von Extended Collaboration Practice als computervermittelte Interaktionen zwischen Studierenden einer deutschen und einer israelischen Hochschule entstanden sind.

Abgerundet wurde der zweite Konferenztag durch den Plenarvortrag von Michael Schart mit dem Titel „Schweigen lernen – und andere Herausforderungen bei der Entwicklung von Interaktionskompetenz im Lehrberuf“, in dem er zunächst eine Annäherung an den Begriff der Interaktionskompetenz aus einer didaktischen Perspektive vornahm. Mit einer breitgefächerten Darstellung häufig gesetzter Schwerpunkte bei der Erforschung von Interaktion im unterrichtlichen Kontext skizzierte Schart anschließend Limitationen konkreter Ansätze, stellte die Interaktion als zentrales Element von Unterricht dar und unterstrich die Bedeutung eines umfassenden Gespürs für unterrichtliche Vorgänge als Kernkompetenz angehender Lehrpersonen.

Insgesamt bot die dritte Online-Tagung zur Interaktion in DaFZ vielseitige Perspektiven auf Interaktionskompetenz und ihre Beschreibung, Erforschung und kontextspezifischen Förderung. Zugleich wurde deutlich, dass es weiterer Anstrengungen bedarf, die bisherigen Forschungsbefunde zu systematisieren, von anderen Kompetenzdimensionen abzugrenzen sowie ihre Modellierung voranzutreiben. Nicht zuletzt der interdisziplinäre Austausch konnte bereits erste wichtige Impulse in die Fachdiskussion einbringen und konkrete Perspektiven für weitere Schritte in der Theorie- und Konzeptbildung sowie der empirischen Forschung aufzeigen.

Wir danken den Vortragenden sehr herzlich für ihre Beiträge und allen Tagungsteilnehmerinnen und Tagungsteilnehmern für ihr großes Interesse und den angeregten und fruchtbaren Austausch!

Organisationsteam

Prof. Dr. Kathrin Siebold, Florian Thaller M.A., Anja Hellner (SHK) (Philipps-Universität Marburg)

Prof. Dr. Karin Aguado (Universität Kassel)

Olga Czyzak M.A. (Reitaku Universität, Japan)